Schreiben  (Rubrik mit persönlichen Kommentaren MM)

Schreiben hat mein Spielen von jeher begleitet. Einige Details finden sich in der Biographie, andere hier auf dieser Seite. Über das Problem, gerade mit dem Namen Mumelter zu schreiben, siehe auch die Rubrik Grund-Sätze. Hier zunächst die wichtigsten Titel:

LITERATUR:

Spiegelfuge

Roman. Verlag Edition Laurin

“Ein vielstimmiges Konzert, an dem Bachtin, ein vielschichtiges Gebilde, an dem Italo Calvino seine Freude gehabt hätte.”  (Luzius Keller)

Zu Inhalt und Details gelangen Sie HIER

ausführliche Rezension und Analyse: HIER

zum Hineinlesen HIER

Und hier zum SHOP

Ein wildes großes Ding, so scheint es, und doch komponiert. Natürlich ist da viel aus der Außenrealität eingearbeitet, aber aus dem autobiographischen Humus wachsen die unterschiedlichsten autonomen Gewächse. Anders gesagt tragen manche Figuren wie im antiken Theater eine charakteristische Maske, die nach einem selbst gesehenen Modell geformt sein mag, erleben aber dann ihre eigenen Tragödien und Komödien. Ständig werde ich nach dem autobiographischen Anteil gefragt und antworte, das sei eher einem Traum vergleichbar, in dem Bekannte auftauchen, aber etwas anderes darstellen als in der Außenrealität: innere Wahrheiten, die weit wichtiger sind.

Die Wertschätzung durch Luzius Keller freut mich aus mehreren Gründen besonders: Zum einen, weil der Hinweis auf die Theorien Bachtins und Calvinos zum modernen Roman den Anspruch einer komplexen Kompositionsstruktur würdigt, die wie im Musikwerk nach kraftvoller Eigenwirkung strebt, zum anderen, weil Keller nicht nur der epochale Proust-Herausgeber und -übersetzer ist, als den man ihn weltweit kennt, sondern auch Musikexperte und leidenschaftlicher Geiger. Das alles wusste ich nicht, als ich Jahre früher “Proust for President” schrieb und auch nicht später, als ich wegen eines musikalischen Details im Werk Prousts  Kontakt mit ihm aufnahm.

Die Arien des Commissario Scalzi

(gemeinsam mit Magdalena Pattis)

Kriminalroman. Verlag Edition Laurin

Zu Inhalt und Details gelangen Sie HIER

zum Hineinlesen HIER

Und hier zum SHOP: https://www.amazon.de/Die-Arien-Commissario-Scalzi-Roman-ebook/dp/B06WP56KPR

Die Opernsängerin und Gesangsprofessorin Magdalena Pattis war mit mir verheiratet, wir haben zwei gemeinsame Kinder. Als sie 2007 viel zu jung nach jahrelanger Krankheit verstarb, hinterließ sie eine Fülle von Texten, darunter die Entwürfe zu zwei ironischen Kriminalromanen und viele Miniaturstudien. Wir hatten unsere Texte regelmäßig besprochen, einander vorgelesen, Konzepte diskutiert, Plots gesponnen und viel gelacht. An eine Veröffentlichung der Fragmente aus dem Nachlass war nicht zu denken, das meiste ohne Zusammenhang, fertige brillante Szenen zwischen Stichworten, Handlungsstränge, die ins Leere gingen, manche hatten einen Beginn aber kein Ende, andere ein Ende aber keinen Beginn. Einige Zeit nach Magdalenas Tod machte ich mich daran, diese Texte zu sichten. Sie der Vergessenheit zu überlassen schien mir ebenso undenkbar wie sie unbearbeitet zu veröffentlichen. Also habe ich begonnen, die Fäden weiter zu spinnen und bin tiefer und tiefer in das Romanschreiben geraten. Notizen aus den ebenfalls erhaltenen Tagebüchern kamen hinzu, langsam fügten sich die Texte zu einem Ganzen, wuchs auch von meiner Seite Neues hinzu. Es gibt eine Dokumentationsversion, aus der ersichtlich ist, welche Textteile von wem stammen; letztlich ist ziemlich genau die Hälfte der Textmenge von je einem von uns beiden, alles aber ineinander verwoben. Für die Komposition bin ich allein verantwortlich. Sie über Jahre Schritt für Schritt zu schaffen hat mich dazu gebracht, ein ganz anderes Projekt in Angriff zu nehmen, das schon lange geschwelt hatte: meinen ersten eigenen Roman, der unter dem Titel Spiegelfuge erschien.

SACHBÜCHER:

“Ums Leben spielen”

Verlag Müller-Speiser Anif/Salzburg, Reihe “Im Kontext” Beiträge zu Religion, Philosophie und Kultur

(1994)

Was bedeuten Grenzerfahrungen, wie sie Musik vermitteln kann? Wieviel sind sie in der Außenrealität wert? Sind sie Folgen einer Weltflucht oder zeigen sie verborgene Dimensionen an?

In seinem Buch „Ums Leben spielen“ zieht Mumelter eine Bilanz seiner Auseinandersetzung mit Komponisten, Musizierpartnern und Hörern und spürt dem Entstehen von Kunst aus der Position des Interpreten nach, der „wie ein Relais zwischen Urhebern und Rezipienten steht“. Im Zentrum steht dabei das Wechselspiel von künstlerischer Erfahrung mit Grundfragen der Philosophie, „die uns alle einholen, wenn wir uns nicht von selbst damit befassen“. (Verlagstext)

Derzeit in 2. Auflage (2013) vergriffen. Einige Restexemplare können beim Autor bestellt werden.

Motto:

Spielen
weil es
immer
solang es
noch
bis es
wieder
ums Leben
geht

“Proust for President“ Rettet uns künstlerisches Denken?”

Lit-Verlag Wien-Münster, Reihe Philosophie Bd. 53

Unter anderem weist dieses Buch (2004) auf die Notwenigkeit hin, jungen Menschen sinnvollere Beschäftigungen als das Vegetieren in Lagern zu bieten, da sie ansonsten nahezu zwangsläufig zu Jüngern von Demagogen werden. Leider aktueller denn je.

Marcel Prousts Werk als Summe Westlicher Kultur, die der Mitwelt Besseres zu bieten hat als bloßen Imperialismus? Kitaro Nishida, maßgebender Philosoph Japans aus der gleichen Epoche, als buddhistischer Befürworter dieses Westens? Wo wäre solche Westlichkeit jetzt zu orten? Was bedeuten jene künstlerischen Qualitäten, die Prousts Momente musikalischer Entrückung bestimmten, für unsere Wirklichkeitsstiftung; worauf verweist künstlerisches Denken in den entscheidenden politischen und religiösen Auseinandersetzungen von heute?


Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 22.01.2005

Interessant findet der Rezensent mit dem Kürzel ujp die Idee dieses Buches auf jeden Fall. Der Autor versucht in europäischen Denktraditionen Ansätze zu entdecken, die sich als kulturelles Gegenmodell zum “bisherigen politischen oder ökonomischen Imperialismus” eignen, der an vielen Orten der Welt abendländliches Denken manifestiert und dort wie hier zunehmend mit Sorge betrachtet wird. Diese “neuen kulturelle Energien” sucht er in der Kunst, die sowohl “Modelle des Denkens” als auch des “praktischen Gestaltens” anbieten kann.

 

“Standardfragen im Violinunterricht”

Verlag Breitkopf & Härtel, Edition Nepomuk

“..hat das Format zu einem fachdidaktischen Standardwerk”  Üben@Musizieren

Hier geht es zum SHOP  des Verlages direkt

Lest es, und Ihr spart Euch vielleicht einigen Ärger beim Üben und Lehren, und teuren Unterricht! Das Leben ist zu kurz, um alle Räder selbst zu erfinden, besonders beim Violinspiel!

Leicht irritierend ist für manche die Orthographie, da der ursprüngliche Schweizer Verlag jedes ß in ss wandelte.

Auch auf Italienisch erschienen

Beiträge in Sammelbänden (Auswahl)

Glück und Unglück in Schuberts Liedern in: Ein Hauch der Gottheit ist Musik. Gedanken großer Musiker Patmos Verlag, Düsseldorf

Rationalität und Emotionalität in der Musik in: Rationalität und Emotionalität Philosophie Band 9 Lit-Verlag, Wien-Berlin

Regressives und progressives Erleben von Musik in: Da berühren sich Himmel und Erde/Musik und Spiritualität Benziger Verlag, Zürich-Düsseldorf

Musikalische Erfahrung und religiöse Einsicht/Skizze einer Bestandsaufnahme in: Religion-Literatur-Künste/ein Dialog Wissenschaftlicher Verlag Müller-Speiser, Anif b. Salzburg

Vom Schreiben als Geiger

Zusammenspiel oder Verzettelung?

Vor allem ist der Künstler/die Künstlerin ein Medium. Bei aller Kompositionskunst, aller Analyse: im besten Falle „spielt es“ und „schreibt es“. Manchmal redet es in verschiedenen Zungen.

Die geniale Geigerin Julia Fischer spielt ebenso mühelos Violine wie Klavier. Clara Haskil stand während einer Aufnahmesitzung vom Flügel auf, schnappte sich die Stradivari von Arthur Grumiaux und amüsierte ihn mit einer Darbietung von Mendelssohns Violinkonzert. Sie zahlte ihm damit wohl heim, dass er sich bei der Playback-Aufnahme einer Violinsonate von Mozart selbst am Klavier begleitet hatte. Immer wieder findet man das Phänomen der sogenannten Doppelbegabung. Manche meiner Studierenden haben es auf beeindruckende Weise gezeigt. Darauf angesprochen sagte Fischer, sie sehe das nicht als zwei Begabungen, sondern als variierende Tätigkeiten ein- und desselben Ausdruckswillens. Ich kann das zwar nicht als (miserabler) Pianist, wohl aber als Autor nachvollziehen. Von Kind an habe ich spielend gegeigt und ebenso spielend geschrieben, und es war für mich ein- und dasselbe, mit den jeweils am meisten lockenden Mitteln. Bevor ich Noten lesen konnte vertonte ich ein selbst gemachtes Gedicht und ordnete die krausen Buchstaben in Wellenlinien an, die die Melodie anzeigten.

Nachdem ich erstmals, vielleicht mit zehn, das Violinkonzert von Mendelssohn gehört hatte, hämmerte ich mit zwei Fingern einen Artikel darüber in die elterliche Schreibmaschine – eine Rezension fast, horribile dictu, aber auch eine naive Analyse des Werkes und Würdigung der Interpretation. Es war meine Art, den tiefen Eindruck zu verarbeiten, noch heute sehe ich die Solistin Miriam Solovieff die Geige mit der Ungeduld eines Rennpferds heben, ich wusste nichts von ihrer extrem dramatischen Lebensgeschichte – 1939 war Solovieff Augenzeugin, als ihr Vater wegen Eheproblemen ihre Mutter, ihre Schwester und schließlich sich selbst erschoss; sie selbst entkam unverletzt, während des Zweiten Weltkrieges arbeitete sie als Geigerin für die Truppenbetreuung der US Army und gab auch Konzerte in den befreiten Konzentrationslagern von Buchenwald und Auschwitz – doch schon ihr Name schien mir wie eine Zauberformel und ihn aufzuschreiben unerlässlich; so ist es geblieben und selbst meine Sachbücher sind entstanden als könnte es nicht anders sein. Nicht zufällig heißt das erste „Ums Leben spielen“ und nicht zufällig gehörte Heinz Gappmayr, einer der Väter der konkreten Poesie, zu den ersten, die mich zur Niederschrift ermutigten. Er war selbst ein sogenanntes Multitalent, hoch musikalisch, als Sprachkünstler bildnerisch, als bildender Künstler sprachphilosphisch bedeutend, ein großer Leser – vor allem der Romantik – und ein Schwergewicht künstlerischer Theorie.

Literatur entstand nach und nach ganz selbstverständlich, und gefördert durch einige Personen und Umstände. Da war die Freundschaft mit dem Tiroler Komponisten Peter Zwetkoff. Er war Hauskomponist beim Südwestfunk, hat die Musik zu hunderten von Hörspielen geschrieben und wurde dafür wiederholt mit den höchsten Preisen ausgezeichnet. Er hat lebenslang mit starken Autoren zusammengearbeitet, war mit ihnen befreundet und war mir seit meinen sprachlichen Anfängen ein wichtiger Ratgeber. Vor allem war bei Peter keine Grenze zwischen Sprache und Musik zu spüren, sondern eine Durchdringung. Weiters wollte der Zufall, dass ich im damals weltabgeschiedenen Bergdorf Finkenberg die dort lebende Autorin Susanne Gebert-Regehr kennen lernte: Ein wild verrücktes, hoch intelligentes preussisches Geschöpf. Ab und zu erschien ein Gedicht von ihr in der „Zeit“, vor allem aber schrieb sie Hörspiele für die großen deutschen Sender. Wann immer ich sie besuchte las sie Texte vor, hervorragend rhythmisch, vibrierend – Musik mit anderen Mitteln. Natürlich habe ich sofort versucht, ebenso zu schreiben, selbst meine Handschrift glich sich der von Susanne an, und natürlich entwarf ich zunächst Hörspiele…

Konkreter wurde das dann mit Hilfe von Otto Grünmandl. Er war damals schon ein berühmter Kabarettist, persönlich aber noch viel mehr als Schriftsteller orientiert. Seine Zusammenarbeit mit Gerhard Polt entwickelte sich gerade, und es gab nahe Kontakte zur Musik, z.B. zur Biermösl Blosn. Als Leiter der Abteilung Literatur des ORF-Landesstudios Tirol residierte er im Büro gegenüber der Abteilung Musik, die beiden zuständigen Sekretärinnen teilten sich das große Vorzimmer. Damals hatten die Landesstudios beträchtliche Mittel und Sendeplätze für eigenständige Produktionen, und ich konnte von dieser Kulturförderung doppelt profitieren. Zuweilen war unsicher, ob ich mich im Vorzimmer nach links wenden und Othmar Costa (über dessen Verdienste man ein eigenes Buch schreiben müsste) ein neues Musikprojekt vorschlagen würde, oder nach rechts, um mit Grünmandl einen Text zu besprechen. In beiden Fällen war ich von Anfang bis Ende dabei, von der Planung über Proben und Aufnahmen bis zum Schnitt, ein unersetzliches Feld für learning by doing. Es war ein unglaubliches Gefühl, die Texte vom eigenen Schreibpapier in die Stimmen von Schauspielern wandern zu hören, zu sehen, wie sie damit umgingen, die Aufnahmen zu montieren, dann im Radio zu hören und meist auch noch gedruckt zu sehen – in der Tiroler Kulturzeitschrift „Das Fenster“.

Im Laufe der Zeit entstanden folgende Hörspiele:

  • Wer fürchtet sich vorm Schwarzen Mann? (das ich völlig vergessen habe)
  • Geigenreportage Eine satirische Auseinandersetzung mit dem Wettbewerbsdenken im Konzertbetrieb, die Skisport- und Konzertreportage vermengt; u.a. vom Schweizer Radio DRS Zürich anlässlich der Ski-Weltmeisterschaften mit grimmigem Humor übernommen.
  • Der Herzinfarkt für Jedermann, eine frühe Abrechnung mit Konsum- und Leistungswahn, vielstimmig polyphon strukturiert, am liebsten hätte ich den Text als Partitur rhythmisch notiert.
  • Hinter der Stimme. Der innere Monolog eines sprachunfähigen Sterbenden, eingebettet in das Werk „Cardiophonie“ für Oboe und vier Tonbandgeräte von Heinz Holliger. Das Hörspiel wurde auch von Radio Zürich produziert, mit dem Burgschauspieler Wolfgang Stendar, damals am Züricher Schauspielhaus. Kurz davor hatte ich Violinaufnahmen für den Sender gemacht.
  • Abend mit Montale später entstanden und bislang noch nicht realisiert. Einem Übersetzer von Montale-Gedichten erscheinen Tod und Teufel.

Einige Kurzgeschichten wurden ebenfalls früh vom ORF veröffentlicht und in diversen Medien gedruckt, außer dem „Fenster“ in der Wiener „Presse“ und anderen Tageszeitungen.

Anfangs veröffentlichte ich die Texte unter dem Pseudonym Martin Sarba. Ich wollte den Geiger und den Autor sich voneinander unabhängig behaupten lassen. Als 1971 das neue Funkhaus in Innsbruck mit einer Serie festlicher Veranstaltungen eröffnet wurde, spielte ich dafür beim Konzert der Abteilung Musik die Uraufführung des hochvirtuosen, mir gewidmeten Violinkonzerts von Erich Urbanner mit dem Städtischen Symphonieorchester. Ein oder zwei Tage darauf hatte die Abteilung Literatur ihren öffentlichen Festakt und führte vor Publikum mein soeben produziertes 40-Minuten-Hörspiel “Geigenreportage” unter dem Pseudonym Martin Sarba auf, das sich mit eben jenem Virtuosentum auch kritisch-satirisch auseinandersetzt. Ich saß im Publikum, genoss zu sehen, wie sich die Leute vor Lachen bogen, und niemand ahnte, dass ich der Autor war. Später überredeten mich Freunde und Verlage, meinen Namen für beide Arbeitsbereiche einzusetzen.

Nach langen Phasen reinen Sachbuchschreibens und musikalischer Arbeit kehrte ich, ausgehend von der Bearbeitung des Nachlasses von Magdalena Pattis, siehe oben, zum literarischen Schreiben zurück.